Stefan Walther hat im Internet hochinteressante Fotos entdeckt, die 1954 durch einen Bundesbahndirektions-fotografen in Jossa aufgenommen wurden. Man sieht besonders bei einigen Fotos vom Bahnhofsbereich, welcher Rauch und Dampf beim Dampflokverkehr entstand. Auf einem Fotos sieht man auch eine Wasser-aufnahmestelle im Bahnhof Jossa. Aus einigen Veröffentlichungen geht hervor, dass beim Dampflokverkehr nicht nur große Kohlenmengen verbraucht wurden, die verdampfte Wassermenge war meist doppelt so schwer wie die verbrauchte Kohle. Deswegen waren auch ausschließlich großdimensionierte Rohre bei den Wasserstellen verbaut. Ebenso sieht man zwei Stellwerke, die natürlich jetzt nicht mehr stehen.
>> Aktuelle Fahrpläne auf unserer Seite BAHNEN UND BUSSE aufrufen <<
Veröffentlicht auf dem You-Tube-Kanal von JürgenSW
Nostalgiefahrt am 11. Mai 2008, Ankunft am Bahnhof Jossa
Frank Schüßler, links von ihm hinten Wolfgang Ruppert
und rechts mit dem Fuß auf der Schiene Karl Ziegler
Am 30. Juni 1991 wurde von der Freiwilligen Feuerwehr Jossa ein Nostalgiezug am Bahnhof Jossa aufgetankt. Viele interessierte Menschen waren zum Bahnhof gekommen . Robert und Volker Buchhold hatten ein kleines Zelt aufgestellt. Gerhard Walther hat einen Schmalfilm gedreht, den wir auf dem Kanal von Günter Walther als "nicht öffentlich" eingestellt haben. Natürlich konnten die Kameras von damals nicht das leisten wie die heutigen Videokameras. Aber eine schöne Erinnerung ist es trotzdem. Wenn Ihr das Video größer sehen wollt, einfach auf den Button YouTube klicken.
Videoausschnitt
Eisenbahn Elm - Jossa - Gemünden
Wenn wir dem Bau der Bahnstrecke von Elm nach Jossa und weiter ins fränkische Gemünden hier etwas Platz einräumen, dann auch deshalb, weil der Bahnbau 1869 -1872 in vielen Teilen unserer Region und auch speziell in unserem Dorf zu einer stark verbesserten wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen hat. Die Bahnstrecke wird heute noch genutzt und wird im besonderen vom Güterfernverkehr als Bestandteil der Haupt-Nord-Süd-Achse stark frequentiert. Die Bahnbauten stellen weiterhin in vielen Bereichen so etwas wie Industrie-Kulturdenkmäler dar. Dies gilt im besonderen für Brücken, Tunnel und Bahnhofsgebäude.
Das hessische Landesamt für Denkmalpflege hat unter dem Titel "Kulturdenkmäler in Hessen EISENBAHN IN HESSEN" eine Bestandsaufnahme der hessischen Eisenbahnbauten und -strecken erstellt. Es handelt sich dabei um 115 Strecken mit insgesamt 3839 Streckenkilometern allein im Bundesland Hessen. Auch die 2600 wichtigsten Bauwerke (von ursprünglich rund 4000) an diesen hessischen Strecken werden in dem Werk katalogisiert. Wenn man sich vorstellt, in welchem Zeitraum diese Strecken und Bauten mit der technischen Ausrüstung vor 120 oder 150 Jahren geschaffen wurden, nötigt einem dies schon sehr großen Respekt vor dieser Leistung ab. Ein Blick auf diese Leistungen an der alten Bahnstrecke in unserem unmittelbaren Umfeld sollte deswegen in unserer Dorfchronik nicht fehlen.
Wir sollten aber auch auf die ICE-Schnellbahnstrecke schauen mit den Tunneln Altengronauer Forst, Schwarzenfels-Tunnel und dem 10,779 km langen Landrückentunnel, den längsten Eisenbahntunnel Deutschlands. Zu nennen sind auch die Brücken: Hangbrücke Dittenbrunn, Talbrücke am Pfaffensteg und die Talbrücke bei Mottgers und Weichersbach. 1981 wurde der Streckenbau mit einigen Tunnelanschlägen begonnen. 1986 war der längste Eisenbahntunnel Deutschlands, der Landrückentunnel, im Rohbau fertiggestellt. Acht Tunnelarbeiter starben durch Arbeitsunfälle. Die ersten Versuchsfahrten begannen 1986 und wurden 1987 verstärkt. Vor Aufnahme des Regelbetriebes stellte der InterCityExperimental im Rahmen der ICE-Weltrekordfahrt am 1. Mai 1988 mit 406,9 km/h einen neuen Weltrekord für Schienenfahrzeuge auf. >> Artikel bei Wikipedia zu ICE-Strecke Hannover - Würzburg <<
Die 327 km lange Neubaustrecke von Hannover nach Würzburg kostete lt. Wikipedia 11,874 Milliarden Deutsche Mark, also rund 18 Millionen Euro je km (Baukostenindex 1988).
Die großzügigen Trassierungsparameter machten eine besonders große Zahl von Kunstbauten erforderlich. So verlaufen 121 Kilometer der 327 Kilometer langen Strecke in 61 Tunneln sowie 30 Kilometer auf 294 Brücken (davon 43 Talbrücken).
Die folgenden Auszüge aus dem umfangreichen Werk des hessischen Amtes für Denkmalpflege für die alte Bahnstrecke hat uns dankenswerterweise das Regionalzentrum für Geschichte des Main-Kinzig-Kreises zur Verfügung gestellt.
Auszug aus einem chronologischem Katalog der Eisenbahnstrecken und -bauten in Hessen
Bau der Eisenbahnbrücke 1869-1871
Das erste Foto wurde 1869 aufgenommen. Man sieht die Fundamente der drei Brückenpfeiler und der beiden Widerlager. Hinter der Baustelle die Sinn, ganz im Hintergrund rechts der Grauberg.
Die komplett eingerüstete Brücke. Sehr gut kann man die vier Bogen erkennen. Aufnahme von 1871.
Die Bahndammaufschüttung. In der Mitte die nahezu fertige Brücke. Im Hintergrund rechts der entstandene Steinbruch. Aufnahme von 1871.
Gleisbauarbeiten auf der Eisenbahnbrücke, im Hintergrund sieht man den Steinbruch,
Aufnahme von 1909.
Zebersch Kätha und Zebersch Gretel auf der alten Bahnhofstraße (bei Haus Nr. 69) vor der alten Sandsteinbrücke mit vier Bögen
Eisenbahnviadukt, ca. 1937
Blick auf die alte Eisenbahnbrücke mit vier Bögen. Die Schule steht schon,demnach könnte das Foto zwischen 1943 und 1945 entstanden sein. Wenn man auf das Bild klickt, sieht man in der Vergrößerung in der Bildmitte unten die Kreuze und Grabsteine des alten Friedhofes (heute Spielplatz Mühlberg/Waldstraße)
Das Eisenbahnviadukt nach der Sprengung am 4. April 1945
Die 1872 in Betrieb genommene Eisenbahnbrücke mit vier Bogen war am 3. April 1945 durch ein Kommando der deutschen Wehrmacht auf Befehl des Oberkommandos gesprengt worden, um die anrückenden Truppen der Amerikaner aufzuhalten und den zukünftigen Eisenbahnverkehr möglichst lange zu stören. Amerikanische Pioniere errichteten eine Behelfsbrücke. Schon Ende Mai 1945 war diese hin und wieder befahrbar. Ab 10. Aug.1945 wieder regelmäßiger Zugverkehr.
Die im Jahre 1951 fertig gestellte neue Eisenbahnbrücke, man sieht noch die Schalung am Bauwerk - ein Zug fährt sehr langsam darüber .
1987, zwei Loks auf der Eisenbahnbrücke. Der Sportplatz wird mittlerweile nicht mehr genutzt.
Eisenbahnviadukt im Febr. 2018, im Vordergrund das alte Sportlerheim der SG Jossa aus der Zeit als der Sportplatz noch bei der Eisenbahnbrücke an der Jossamündung lag (1949 - 1987). Im Sommer 1986 wurde der neue Sportplatz in den oberen Joßwiesen, Straße Spessartgrund, eingeweiht.
Großer Bericht in der Gelnhäuser Zeitung vom 3. März 2018
Alle Fotos aus unserer Sammlung
Der Bau der Sinntalbahn von Jossa nach Bad Brückenau
und später nach Wildflecken
über den folgenden Link kommt man zu einer interessanten Veröffentlichung :
Hier können wir eine ausführliche Information zum Bau der großen Eisenbahnbrücke in Obersinn in den Jahren des Bahnbaus 1869 bis 1872 darstellen. Alfred Andres aus Obersinn hat uns freundlicherweise
u. a. Material vom bayrischen Staatsarchiv Bavarion sowie Zeitungsausschnitte zur Verfügung gestellt. Er schreibt uns hierzu:
Im Frühjahr 2021 habe ich zur Geschichte des hinter Obersinn direkt an der Landesgrenze zu Hessen gelegenen Sinntal-Viaduktes (die Obersinner nennen sie nur „Reithbrücke“) u.a. im Bavarikon, dem Internetportal des Freistaats Bayern zur Präsentation von Kunst-, Kultur- und Wissensschätzen aus Einrichtungen in Bayern, recherchiert.
Dabei bin ich in der Zeitschrift des Bayerischen Architekten- und Ingenieuervereins, Band IV. 1872 Heft 1-6, auf den Artikel
„Der Sinnthal-Viaduct auf der Gemünden-Elmer Bahnlinie, verfasst von Franz Weikard, königlicher Abtheilungs- und Sections-Ingenieur in Gemünden“
gestoßen.
Hier wird die Geschichte und der Bau der fünfbögigen Eisenbahnbahnbrücke bis in kleinste Detail beschrieben. Selbst Bau- und Lagepläne u.a. wichtige Skizzen wurden in der Zeitschrift genauso veröffentlicht wie Kostenzusammenstellungen.
Ich habe mir alle diese Unterlagen heruntergeladen und später komplett vom pdF-Format in eine bearbeitungsfähige Word-Datei umgewandelt. Auch habe ich die Planunterlagen, die teilweise auf zwei Zeitschriftseiten aufgeteilt waren, zusammengefügt (was nicht immer zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führte).
Leider existieren vom Bau des Viaduktes offensichtlich keine zeitgeschichtlichen Bilddokumente / Fotos, jedenfalls haben Anfragen bei der Deutschen Bahn und beim Eisenbahnmuseum in Nürnberg bislang zu keinem Ergebnis geführt.
Zur Veröffentlichung auf der Webseite www.jossa-spessart.de stelle ich die von mir gespeicherten Dateien gerne zur Verfügung.
Alfred Andres Obersinn, 21. Aug. 2021
Zu den Quellen, aus denen diese Informationen stammen, schreibt uns Alfred Anders folgendes:
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Anlagen:
Eisenbahnlinie Gemünden-Elm – Geschichte.pdf
Eröffnung Eisenbahnstrecke Gemünden-Elm 1. Mai 1872.pdf
Bau des Eisenbahnviadukts Obersinn 2021-Kurzfassung.docx
Der Sinnthal-Viaduct Obersinn von 1872.docx
Insgesamt 20 jpg-Dateien der Anlagen zum Artikel in der Zeitschrift des Bayer. Archtitekten- und Ingenieur-Vereins
Separat:
Zeitschrift des Bayer. Archtitekten- und Ingenieur-Vereins 1872 - Sinnthal-Viaduct.pdf (58 MB)
Der Sinnthal-Viaduct Obersinn
Zur Errichtung einer Bahnlinie von Gemünden nach Elm wurde am 14. Dezember 1865 zwischen Bayern und dem Nachbarstaat Kurhessen ein Staatsvertrag abgeschlossen, nach diesem Vertrag sollte innerhalb von vier Jahren nach Vertragsabschluss eine Verbindungsbahn zwischen der Kurfürstlich Hessischen Bahn von Fulda nach Hanau und der Bayerischen Ludwigs-Westbahn in Richtung Elm bei Schlüchtern durch das Sinntal nach Gemünden angelegt werden.
Mit dem Bau dieser Eisenbahnlinie Gemünden – Elm wurde auf bayerischer Seite im Mai 1869 begonnen, am 1. Mai 1872 wurde die Strecke in Betrieb genommen. Der 21,9 km lange bayerische Streckenabschnitt kostete 3.422.000 Gulden.
Die Strecke war zunächst eingleisig (bis 1936), aber mit einem Bahnkörper für zwei Gleise versehen. Das bemer-kenswerteste Objekt auf dem bayerischen Teil dieser Bahnstrecke ist der vom königlichen Abteilungs- und Sections-Ingenieur Carl Hettig aus München geplante, über das Sinntal oberhalb Obersinn führende Viaduct mit vier Pfeilern und fünf Bögen. Die Bahnlinie über-schreitet hier, nachdem sie den 684 m langen und 21,6 m tiefen Hohenleitener Einschnitt passiert hat, das Sinntal nahezu senkrecht in gerader Richtung und horizontaler Lage in einer Höhe von 29,77 m über dem Niederwasserspiegel der Sinn mittels einer Brücke von 171,6 m Länge und durchfährt dann den entgegenliegenden Ruppertsberg mit einem 321 m langen Tunnel, hinter welchem der Bahnhof Jossa liegt.
Zum Bau des Viaductes selbst ist folgendes anzumerken: Der Baubetrieb des „Sinnthal-Viaducts“ lässt drei Perioden unterscheiden: Die der Fundation (Herbst 1869 und Frühjahr 1870, der erste Spatenstich geschah am 17. Juli 1869), des Aufbaues bis zur Kämpferhöhe (Sommer 1870), und die des Aufbaues von der Kämpferhöhe bis zum Planum (Baujahr 1871). Der Viaduct wurde Ende September 1971 fertiggestellt.
Die Gründung der Fundamente der Pfeiler und Widerlager machte keine Schwierigkeiten, denn in einer durchschnitt-lichen Tiefe von 3,5 m unter der Talsohle traten überall waagrecht gelagerte Schichten von Bundsandstein auf. Ein künstliches Fundament war daher nicht notwendig. So sind die Fundamemte der Pfeiler - je nach Höhenlage der den Talgrund bildenden Felslagen - aus 3 bis 5 Schichten rauhen Quadermauerwerks gebildet; die der beiden Widerlager bestehen aus einer 1,5 m mächtigen Schicht Bruchstein-Mauerwerks.
Zur Verkleidung der Pfeiler sowie zur Herstellung der Gewölbe und der Widerlagerecken wurden Hausteine von 41 bis 73 cm Höhe, zur Verkleidung der Widerlagerflächen und der Gewölbeübermauerung Vorsetzsteine von 23 bis 29 cm Höhe verwendet.
Als Baumaterial wurde der Bundsandstein, welcher entweder aus Brüchen in der nächsten Nähe und aus dem angrenzenden Hohenleitener Einschnitt gebrochen oder aus den Findlingen, welche in den benachbarten Staats- und Privat-Waldungen zu Tage lagen, gewonnen werden konnte, verwendet.
Zur Verkleidung der vier Pfeiler und der beiden Halbpfeiler, für die Gewölbe und deren Übermauerung , sowie für das Hauptgesimse und die Brüstung wurden Findlingssteine von rein weißer Farbe, untermischt mit sehr wenigen von gelber, violetter, ziegelroter und blauroter Färbung, gewonnen in den 18,5 km entfernten Freiherrlich Thüngen’schen Waldungen im Schondratal, verbaut.
Für den Mörtel wurde Zement aus Karlstadt und Schonungen, der ausgezeichnete magere schwarze Kalk der Brüche Hösbach bei Aschaffenburg und für das freistehende Mauerwerk auch magerer Kalk aus den umliegenden Kalkbrenner-eien benützt. Der Sand wurde aus dem Aushub der Baugruben durchgeworfen, der übrige Bedarf aus dem Flussbett der Sinn geschöpft.
Der Gesamt-Mauerwerks-Kubus der Brücke beträgt 30.650 cbm, diese Menge teilt sich auf in 23.277 cbm gewöhnliches Bruchsteinmauerwerk, 1.948 cbm rauhes Quadermauerwerk, 569 cbm keilförmiges Bruchsteinmauer-werk, 979 cbm Vorsetzmauerwerk und 3.877 cbm Hausteinmauerwerk.
Die Gesamtbaukosten des Viaductes beliefen sich auf 375.000 Gulden. Hiervon beanspruchten u.a. die Erbauung einer Bauhütte mit Magazin, einer Schmiede, Wagnerei mit Wächterwohnung und einem Kalkschuppen 2.100 Gulden, der Transport der Werkzeuge und der übrigen Baurequisiten zur Baustelle 1.600 Gulden, die Fundation 56.700 Gulden. Die Kosten für Herstellung des Hauptarbeitsgerüstes betrugen 45.800 Gulden, die der Zwischen-, Transport- und Abladegerüste 3.300 Gulden.
Auszug aus der Zeitschrift des Bayerischen Architekten- und Ingenieuervereins
Band IV. 1872. Heft 1-6
Der
Sinnthal-Viaduct
auf der Gemünden-Elmer Bahnlinie
von Franz Weikard, königlicher Abtheilungs-
und Sections-Ingenieur in Gemünden
Unter den zur Zeit im Baue begriffenen bayerischen Bahnen dürfte die von Gemünden nach Elm führende das Interesse des Fachmannes durch mehrere bedeutendere Bauwerke in Anspruch nehmen. Insbesondere zeichnet sich die nördliche Hälfte dieser Linie durch größere Erd- und Kunstbauarbeiten aus und unter diesen wiederum ist das bemerkenswertheste Object auf dem bayer-ischen Theile dieser Bahnstrecke der über das Sinnthal oberhalb Obersinn führende Viaduct, dessen Baugeschichte im Nachfolgenden gegeben werden soll.
Zunächst möge es gestattet sein, die baulichen Verhältnisse genannter Bahn in Kürze darzulegen.
Es verbindet diese Linie die bayerische Ludwigs-West-Bahn, von deren Station Gemünden ausgebend, mit der Bebra-Hanauer Bahn im Anschlusse an die Station Elm, und wird dieselbe dereinst sicher eine der verkehrreichsten Strecken werden.
Auf bayerischer Seite bewegt ich die Bahnführung ganz im Bereiche des eigentlichen Buntsandsteines, auf der preussischen Abtheilung wird neben diesem auch der zur nämlichen Formation gehörende Rothschiefer, und von der Wasserscheide zwischen der Sinn und Kinzig an der Muschelkalk ange-schnitten.
Die Bahn zweigt westlich der Station Gemünden hinter der Brücke über die Sinn und Saale, welche zur Aufnahme eines dritten und vierten Geleises verbreitert wird, von der Ludwigs-Westbahn ab, überschreitet bei dem Orte Schaippach zur Abschneidung einer Thalkrümmung zweimal die Sinn mittels Brücken von 60 bis 80 m Gesamt-Lichtweite mit eiserner Fahrbahn, zieht sich am rechtseitigen Thalgehänge bis zur Station Rineck, setzt hinter letzterer abermals über die Sinn, durchfährt den jenseitigen Bergrücken mittels eines 420 m langen Stollens und erreicht, theils am linkseitigen Gehänge, theils in der Thalsohle hinlaufend, die Stationen Burgsinn und Mittelsinn.
Bis dahin beträgt die Steigung der Bahn, den Gefällsverhältnissen des Thales entsprechend, zwischen 0,1 und 0,6 % und liegt das Planum in nur geringer Höhe über der ThaIsohle. Von der Station Mittelsinn steigt sie nun mit 1:100, von der preussischen Grenze mit 1:90 bis zur Wasserscheide an und hat bis zu die reine gesammte Höhe von 168,11 m zu erklimmen.
Stets den linkseitigen Berghängen folgend durchschneidet sie hinter dem Orte Obersinn einen Bergvorsprung in einem 684 m langen, 21,6 m tiefen Einschnitte mit 193.900 kbm fast durchweg gebundenen Abtrages, über-schreitet sodann die Sinn in einer Höhe von 29,77 m über dem Null-Pegel und durchfährt den entgegenliegenden Ruppertsberg mit einem 321 m langen Stollen, hinter welchem die Station Jossa liegt. Diese verlassend setzt sie sogleich über das Seitenthal der Jossa mittels eines 107,4 m langen, 32,69 m hohen, in einer Steigung und einer Curve liegenden Viaductes mit 4 Oeff-nungen von je 14,593 m Spannweite.
Immer höher an dem rechtseitigen Gehänge ansteigend überfahrt sie das Neuengronauer Seitenthal auf einem 35 m hohen, 363000 kbm messenden Damme, unter welchem zwei Durchfahrten von je 7 m Lichtweite hinweg-führen, und durchsetzt den darauffolgenden Bergrücken mittels eines 233,5 m langen Stollens, welcher angelegt wurde, als in einem Theile der steilen Böschungen des ursprünglich hier beabsichtigten Einschnittes von 24,5 m Tiefe und 525,4 m Länge die hier stark aufgerichteten und verworfenen Sandstein-bänke sich zum Abrutschen, resp. Abreissen geneigt zeigten.
Hinter dem Orte Altengronau biegt die Bahn in das Seitenthal der schmalen Sinn ein und erreicht an dessen rechtseitigem Gehänge unter bedeutenden Erdarbeiten, (hierunter die Dammschüttung über das Gonzemich-Seitenthal mit 571800 kbm Auftragmasse) emporklimmend die Wasserscheide, welche sie mit einem 1109 m langen Stollen in dem Quellengebiete der Kinzig durchbricht, um in die Station Sterbfritz einzulaufen.
Die in Folge von Basalt- Durchbrüchen äusserst verworfene Bodencon-figuration bis zur Station Elm machte die Anlage von noch drei kürzeren Tunnels und mehreren grösseren Einschnitten in Rothschiefer und Muschelkalk nöthig. Interessant sind hier mehrere Abrutschungen von grösster Ausdeh-nung, welche da auftraten, wo in der Einschnittsohle neben dem Kalke der von diesem überlagerte wasserdichte Rothschiefer angeschnitten wurde. Es kamen hierdurch ganze Berghänge bis zu 150 m Breite in Bewegung und musste in einem Falle die Linie statt in den Abtrag in den Auftrag gelegt werden.
Wir gehen nun auf unser specielles Thema, die Beschreibung des Baues des
Sinnthal-Viaductes
über.
A. Bauproject.
Die Bahnlinie überschreitet, wie bereits bemerkt, nachdem sie den Hohen-leitener Einschnitt mit einer Steigung von 1:100 und einer Curve von 583,7 m Halbmesser passirt hat, das Sinnthal nahezu senkrecht in gerader Richtung und horizontaler Lage in einer Höhe von 29,77 m über dem Niederwasserspiegel der Sinn mittels einer Brücke von 171,6 m Länge.
Die Hochwasserverhältnisse dieses Flusses und die Durchführung der Bursinn-Zeitlofser-Districtsstrasse erforderten eine gesamte Lichtweite von rund 70 m.
Es musste nun in Frage kommen, ob die Ueberbrückung billiger mittels einer Fahrbahn oder massiver Gewölbe zu bewerkstelligen sei.
Nach den angefertigten approximativen Ueberschlägen ergaben sich für das erstere Project Mehrkosten im Betrage von 38000 fl.
Aber auch bei weniger günstigen Verhältnissen würde wohl die Rücksicht-nahme auf die grössere Solidität und fast unbegrenzte Dauer sorgfältig und mit gutem Materiale ausgeführter Steinbrücken der Erbauung einer solchen den Vorzug gegeben haben.
Die Durchführung der Sinn, der Districtsstrasse, eines Wässerungsgrabens und eines Feldweges unter der Brücke liess eine Eintheilung derselben in 5 Bögen als die geeignetste erscheinen.
Da bei der angewendeten 1½-füssigen Dammböschung die Widerlager die beträchtliche Länge von 41 m erhalten mussten, lag der Gedanke nahe, in diesen einen weiteren Bogen auszusparen. Angestellte Berechnungen aber ergaben hiefür eine Kostenmehrung, was neben der nothwendigen Verläng-erung des Arbeits- und Lehrgerüstes in der grossen Preisdifferenz zwischen den auf 17 km Entfernung beizuholenden Hausteinen deren Quantum hierdurch eine bedeutende Vermehrung erfahren hätte, und den aus dem anschliessen-den Einschnitte zu beziehenden Bruchsteinen begründet ist. Ausserdem hätte hierbei das vollständige Anschütten der Böschungskegel bis zur gänzlichen Vollendung der Brücke aufgeschoben werden müssen, da das Gerüste mit dem fast durchweg gebunden Füllmaterial nicht hätte eingeschüttet werden können, ohne gefährlichen Destructionen ausgesetzt zu sein.
Die Fundamente der Pfeiler sind je nach Höhenlage der den Thalgrund bildenden Felslagen aus 3 – 5 Schichten rauhen Quadermauerwerks gebildet; die der beiden Widerlager bestehen aus einer 1,5 m mächtigen Schichte Bruchstein-Mauerwerks.
Die Pfeiler haben einen 4,38 m hohen, unten 4,96 m breiten Sockel mit 1/15 Anlauf und halbrunden Vorköpfen; denselben schliesst ein Emporstreben passend andeutendes Sockelgesims ab.
Der Schaft der Pfeiler (und der dem eigentlichen Widerlager vorgelagerten Halbpfeiler) verjüngt sich auf allen Seiten mit 1 zu 40 auf 3,06 m Breite und findet seinen Abschluss in dem 73 zm hohen Kämpfergesims.
Die Widerlager sind beiderseits mit je 4 Strebepfeilern versehen, welche von unten mit 1/9 der Höhe anlaufen und bei'm Anschlusse an die Widerlager-Leibung in das Senkrechte übergehen, Die Leibung selbst hat einen Anlauf von 1/20 und geht in den obersten Schichten gleichfalls in die lothrechte Linie über. - Die obere Breite der Brücke einschliesslich der Brüstungen beträgt 8,32 m.
Die im Widerlager angebrachten Hohlräume ermöglichen durch senkrechte und seitliche Schächte und Abzugscanäle einen fortwährenden Luftdurchzug und hierdurch eine Austrocknung dieser grossen Mauerkörper.
Die Canäle dienen zugleich zur Entwässerung des Planums oberhalb der Widerlager.
Auf dem Kämpfergesimse ruhen die um 0,58 m überhöhten Halbkreisbögen von 7,88 m Halbmesser auf. Dieselben erhielten eine Stärke am Kämpfer von 1,167 m, am Scheitel von 1,022 m. In der Gewölbeübermauerung über den Pfeilern sind 1,17 m Durchmesser grosse Rundöffnungen angebracht, welche zur Ventilation dienen und die Reinigung der gusseisernen Entwässerungs-röhren gestatten, falls sich diese zugeschlämmt haben sollten.
Die Brücke ist auf ihre ganze Länge durch ein 73 zm hohes Hauptgesims gekrönt, auf welchem die Brüstungssteine aufsitzen.
Zur Verkleidung der Pfeiler sowie zur Herstellung der Gewölbe und der Widerlagerecken wurden Hausteine von 41-73 zm Höhe, zur Verkleidung der Widerlagerflächen und der Gewölbeübermauerung Vorsetzsteine von 23-29 zm Höhe verwendet.
Im Uebrigen wurden die Widerlager und die Gewölbeübermauerung aus Bruchsteinen hergestellt ohne Anwendung von Durchbinderschichten, welche bei den zur Verwendung gekommenen, grossen und lagerhaften Bruchsteinen unnöthig erschienen. Die Pfeiler wurden, um dem auf sie treffenden grossen Drucke einen möglichst homogenen Körper entgegenzusetzen, mit Quadern ausgemauert.
B. Baumaterial.
Als Baumaterial stand der Bundsandstein zu Gebote, welcher entweder aus Brüchen in der nächsten Nähe und aus dem angrenzenden Hohenleitener Einschnitte gebrochen oder aus den Findlingen gewonnen werden konnte, welche in den benachbarten Staats- und Privat-Waldungen zu Tage liegen.
Da die Bruchsteine, so lange sie nicht vollständig ausgetrocknet sind, leicht Frostrisse erhalten, so hätte das Brechen von Hausteinen aus denselben während der Monate November bis März eingestellt werden müssen. Es wäre aber nicht möglich gewesen, das benöthigte Quantum von rund 5000 kbm Verkleidungssteinen im Sommer zu brechen und beizufahren. Aus diesem Grunde entschied man sich, für das äussere Verkleidmauerwerk nur die in ihrer Güte zuverlässigen und vollkommen frostbeständigen Findlingssteine, für das innere Quader- und Bruchsteinmauerwerk aber die Steine des benachbarten Hohenleitener Einschnittes zu verwenden.
In den zunächst liegenden Waldungen konnten auf 5 ½ bis 9 ½ km Entfernung Findlingssteine von schöner rother Farbe gebrochen werden. Dieselben lieferten jedoch vorherrschend nur geringere Dimensionen und ein bei Weitem nicht ausreichendes Quantum. Dagegen fand man in einer Entfernung von 18 ½ km gegen Brückenau zu in dem wahrscheinlich bei Erhebung des nahe liegenden Basaltbergkegels Dreistelz tief ausgerissenen Schondrathale auf Freiherrlich von Thüngen'scher Waldung ein ausgedehntes Lager von gehäuf-ten Findlingssteinen, welches den ganzen Bedarf zu liefern versprach. Diese Steine liegen in Blöcken bis zu 10 kbm Inhalt zu Tage und sind fast durchweg von rein weisser Farbe, untermischt mit sehr wenigen von gelber, violetter, ziegelrother und blaurother Färbung. Es wurde daher beschlossen, nur die Verkleidung der vier Pfeiler und der beiden Halbpfeiler, für die Gewölbe und deren Uebermauerung, sowie für das Hauptgesimse und die Brüstung die weissen Steine letzterer Bruchstelle, für die Verkleidung der Widerlager aber, welche meistens Steine von kleinen Dimensionen erfordern, die rothen Steine der nächsten Waldungen zu verwenden. Hierdurch wurde nebenbei eine Farbenwirkung erzielt und bildet die warm rothe Farbe der Widerlager einen passenden Uebergang zu dem Erdkörper.
Für den Mörtel wurde unter Wasser Cement von Carlstadt und Schonungen, über Wasser der ausgezeichnete magere schwarze Kalk der Brüche Hoesbach bei Aschaffenburg, für das freistehende Mauerwerk auch magerer Kalk aus den umliegenden Kalkbrennereien benützt.
Der Sand wurde im Betrage von 1500 kbm aus dem Aushube der Baugruben durchgeworfen, der übrige Bedarf aus dem Flussbette der Sinn geschöpft. Ersterer zweigte sich zwar von sehr schönem Korn, jedoch durch Lehm verun-reinigt und musste gewaschen werden.
C. Disposition des Bauplatzes.
Die Disposition des Bauplatzes ist aus dem Situationsplane auf Blatt VI ersichtlich.
Es wurde der ganze PIatz zwischen dem Viaducte und der das Thal kreuzenden Districtsstrasse, dann eine größere Fläche unterhalb dieser Strasse und oberhalb der Brücke zu Lagerplätzen erworben.
Zunächst der Districtsstrasse, wo selbe das linkseitige Gehänge zur Thalüberschreitung verlässt, wurde das Magazin mit Wächterwohnung und Bauhütte und daneben die Schmiede erbaut. Es gestattet diese SteIle die Uebersicht über den grössten Theil des Bauplatzes. Etwas weiter unten wurde ein offener Schuppen für die Zimmerleute aufgeschlagen.
Der durch die neu erbaute Districtsstrasse zunächst des Widerlagers II abgeschlossene Wiesgrund erhielt sein passendste Verwendung al Sandlager- und Mörtelplatz, da er, in der Höhe der übrigen Lagerplätze gelegen, nicht wie diese den Strömungen des Hochwassers ausgesetzt ist. Mittels einer in der Districtsstrasse angelegten Interimsdurchfahrt ward dessen Verbindung mit dem auf der entgegengesetzten Seite der Strasse liegenden Lagerplatze ermöglichet.
Für die Beschaffung de zur Mörtelbereitung benöthigten Wassers wurde durch Anlage einer 2,4 m tiefen Cisterne gesorgt. Auf einer über das Hochwasser erhöhten Terrasse befanden sich das Kalkmagazin und eine Wächterhütte. Oberhalb der Brücke wurden eine grössere Marketenderei und eine Arbeiter-Caserne erbaut.
Die Sandwäsche hatte ihre Stelle, wie solche im Plane angegeben.
Bei Einrichtung des Bauplatzes war man bestrebt, die Fuhrwerke auf den Lagerplätzen auf dem Wiesgrunde möglichst ferne zu halten, da durch für diese offen zu haltenden Wege ein grosser Theil des ohnehin nicht allzu ausgedehnten Raumes unbenützbar geworden wäre und die Fahrwege entweder in Bälde grundlos werden oder ständige kostenspielige Reparaturen verlangen. Es wurde daher der ganze Steinlagerplatz mit HiIfsbahnen über-zogen, welche theils durch Wechsel, theils durch Drehscheiben untereinander und mit dem unter dem Arbeitsgerüste parallel der Brückenaxe angelegten Aufzuggeleise. in Verbindung standen, so dass von jeder Stelle des Lagerplatzes die Hausteine mittels Transportwägen in die Aufzüge verbracht werden konnten. Ein unter der Strasse hindurch zum Mörtelplatze führendes, mit den übrigen Geleisen durch eine Drehscheibe zusammenhängendes Geleise gestattete den fertigen MörteI auf Transportwägen zu dem besonderen Mör-telaufzuge und zu den übrigen Aufzügen zu verbringen. Für das ZurückstelIen leerer und beladener Transportwägen sind von den Drehscheiben aus mehrere Sackgeleise gelegt worden.
Das Verladen der Hausteine von den Fuhrwerken auf den Lagerplatz wurde durch ein über der Districtsstrasse inmitten des Thales erbautes Gerüste mit senkrecht zu ersterer beweglichem Hub-Krahnen erleichtert. Mittels des Krahnens wurden die Steine aus den Fuhrwerken emporgehoben, über die zu beiden Seiten der Strasse im Wiesgrund eingelegten Drehscheiben gebracht und auf einen darauf befindlichen Transportwagen abgelassen. Die von diesen Drehscheiben ausgehenden Hilfsbahnen gestatteten, den Stein auf jede beliebige Stelle des Bauplatzes zu verbringen.
Die kleineren Vorsetzsteine wurden auf den hierfür bestimmten Platz südlich der Strasse zunächst der Bauhütte abgeworfen.
Um die Bruchsteine und rauhen Quader aus dem Hohenleitener Einschnitte mittels Hilfsbahn unmittelbar zur Baustelle verbringen zu können, wurde auf dem rechtseitigen Berghange eine doppelgeleisige Hilfsbahnrampe von 18,5 % Gefälle für die beladen ab- und leer aufwärtsgehenden Transportswägen in Verbindung mit einer kräftigen Bremsvorrichtung hergestellt.
Vor dem Einschnitte wurden die beiden Geleise durch einen Wechsel vereiniget. Die beladenen und leeren Wägen hingen, zu je 2 oder 3 gekuppelt, an den Enden eines 2,3 zm starken Drahtseils, welche auf einer mit Bremse versehenen Trommel auf- und ablief. Zur Schonung dieses Seiles waren die geneigten Hilfsbahnen zwischen den Schienen mit einer von GIeitungsrollen versehen.
Da das für den Materialtransport dienende Hauptgerüste vor Vollendung der Fundation nicht hergestellt werden konnte, so wurde zur Weiterführung der beiden Hilfsbahnen über die Sinn und den Bauplatz zum Widerlager Nr. II in einer durch die Baugruben bedingten Entfernung von der Brücke ein Hilfsbahngerüste hergestellt. Dasselbe erreichte mit einem Gefälle von 1 % und bei ca. 2,3 m Höhe über dem Bauplatze die Districtsstrasse in der Höhe des PIanums derselben und führte bis an das Ende de Widerlagers Nr. II. Es konnten hierdurch auch nach der, gemäss des Vertrages mit der preussischen Eisenbahn-Verwaltung auf den 1. Januar 1870 festgesetzten Vollendung der Strasse für die Widerlager bestimmten Bruchstein und Quader über die Strasse zu demselben unbehindert verbracht werden.
Nach Herstellung des Arbeitsgerüstes und entsprechender Aufmauerung der Widerlager wurde die Hilfsbahn nach einander durch des II., III., IV. und schliesslich V. Stockwerk desselben geführt. Es konnte so die Zufuhr der Bruchsteine immer nahezu in der Höhe geschehen, in welcher man gerade arbeitete. In das IV. Stockwerk konnte die Hilfsbahn vom Einschnitte aus mit einem gleichmässigen Gefälle von 5 % geführt werden, wobei, da sämmtliche Transportwägen mit Bremsen versehen waren, der Seilbetrieb hinwegfiel.
Da die rauben Quader nicht in der Zahl und Reihe gebrochen und verladen werden konnten , wie sie auf dem Baue gerade benöthigt waren, so mussten dieseIben erst auf dem Lagerplatze deponirt werden. Es wurde daher über dem Hilfsbahngerüst, in ähnlicher Weise wie für die Findlingssteine, ein AbIadegerüst hergestellt, mittels dessen die aus dem Einschnitte herabkommenden Quader auf das unter dem Gerüste hindurch gehende Lagerplatzgeleise abgelassen und entweder auf dem Lagerplatz deponirt oder im Bedarfsfalle unmittelbar unter das Arbeitsgerüste zum Aufziehen verbracht werden konnten. Es erfüllte dieses Abladegerüst den weiteren Zweck, dass die für Widerlager Nr. II bestimmten Findlingssteine mittels desselben von den Lagerplatzgeleisen auf das obere Transportgeleise emporgehoben, auf diesem über die Districtsstrasse und mittels einer Drehscheibe unter das Arbeits-gerüste und den über Widerlager II laufenden Krahnenwagen gefahren werden konnten, während ausserdem dieses durch die umschliessende Strasse von den Steinlagerplätzen gänzlich abgeschnitten gewesen wäre.
Zum Deponiren der rauhen Quader wurde die diesem Abladegerüste zunächst liegende Wiesfläche rechts der Brücke längs des an der Districts-strasse sich hinziehenden Wassergrabens bestimmt.
D. Construction des Arbeitsgerüstes.
Das Arbeitsgerüste hatte, wie bei jedem derartigen Bau, einen dreifachen Zweck zu erfüllen, nämlich den Transport der Baumaterialien zu vermitteln, das Gewicht der noch nicht geschlossenen Bögen aufzunehmen und die Lehre für letztere zu bilden, so dass es sich in ein Fahr-, Stand- und Lehrgerüste trennte.
In der Absicht, die Uebertragung schädlicher Bewegungen und Stösse, welche im Fahrgerüste durch den Materialtransport hervorgerufen werden, auf das Stand- und Lehrgerüste, und damit auf die Bögen, zu verhindern, wurden bei verschiedenen Bauten Fahr- und Standgerüste vollständig von einander isolirt. Es verursacht jedoch diese Trennung einen grösseren Holzaufwand und wird dadurch die Stabilität des Gerüste in hohem Maasse beeinträchtigt während die Wirkung allenfallsiger Stösse bei der grossen Masse des Gerüstes von keiner Bedeutung sein kann, wie sich Diess in der That auch gezeigt hat. Es wurde daher das Standgerüste mit dem Fahrgerüste durchgängig verbunden.
Das letztere erstreckte sich nicht auf die ganze Länge der Brücke, sondern umfasste nur den Raum zwischen den Widerlagern und von diesen eine Länge von 4,7 m einschliesslich der Halbpfeiler. Es erschien nämlich nicht räthlich, das Gerüste beiderseits noch weiter fortzusetzen und mit dem Fortschreiten der Erdarbeiten einzufüllen, da dasselbe bei dem Abschütten des durchweg gebundenen Abtrages Erschütterungen und Beschädigungen erlitten hätte, welche seinen Bestand ernstlich gefährdet haben würden, wie Dieses in Wirklichkeit bei ähnlichen Bauten schon häufig der Fall war. Anderer Seits konnte das Anschütten der Böschungskegel bei deren grossem Masseninhalte nicht bis zur Vollendung der Brücke und bis zum Abbrechen der Gerüste ausgesetzt werden und würde auch hierbei die Fortführung des Gerüstes über die ganze Länge der Widerlager eine grössere Breite des ersteren erfordert haben.
Da mit Ausnahme der Gesims- und Brüstungssteine, welche in Planiehöhe beizuführen waren, an den Widerlagern nur Steine von geringerer Grösse zur Verwendung kamen, so stand dem Versetzen aus freier Hand rücksichtlich der Solidität Nichts im Wege, wogegen diese Verkürzung des Gerüstes eine bedeutende Kostenminderung herbeiführte.
Das Fahrgerüste wurde in 5 Stockwerke eingetheilt , von welchen die 3 unteren einen Höhenabstand von je 5,84, die 2 oberen einen solchen von je 5,25 m erhielten. Die Säulen und Streben erhielten hierbei noch nicht eine so grosse Länge, dass deren Aufstellung eine schwierige gewesen wäre. Zwischen den Pfeilern waren die Säulen 6,13 m, an diesen - den Fundamentabsätzen entsprechend, auf welche die Grundpfähle theilweise fundirt wurden - 5,42 m in der Richtung der Brückenaxe von einander entfernt. Es entstanden hierduch Felder von nahe zu quadratischer Form, welche eine übersichtliche Anordnung der Verstrebung gestatteten.
Das Standgerüste wurde bis zur Höhe des III. Stockwerkes mit dem Fahr-gerüste gemeinschaftlich aufgeführt und reichte bis zu einer Höhe von 2,42 m über dem Kämpfer. Jeder Bogen ist durch 21 Säulen gestützt und ausserdem erhielten die Lehrbögen noch directe Unterstützung auf dem vorspringenden Kämpfergesimse.
Der zur Wirkung kommende Druck eines Gewölbes betrug rund 250000 k. Nimmt man an, dass die Lehrgerüste diese Last gleichmässig auf die 21 Säulen vertheilte, wie Diess bei der kräftigen Conntruction desselben wohI nahezu stattfand, so betrug der Druck auf den einzelnen Pfahl höchstens gegen 12000 k, so dass ausreichende Sicherheit vorhanden war.
Die Herstellung eines vollständigen Standgerüstes bietet nicht nur die sicherste Gewähr für eine solide Ausführung der Gewölbe, indem die Last des noch nicht geschlossenen Bogens direct auf viele Stützpuncte vertheilt wird, sondern gestattet auch Lehrgerüste auf die geringste Höhe zurückzuführen und ohne künstliche Constructionen herzustellen.
Die drei unteren Stockwerke des Fahr- und Standgerüstes wurden derartig angeordnet, dass über jedem Pfeiler und Widerlager ein Krahnenwagen von 6,42 m Spurbreite aufgestellt werden konnte, dessen Bewegung senkrecht zur Brückenaxe erfolgte. Das Aufziehen der Steine geschah auf der Seite rechts der Bahn und wurde das Gerüste hier soweit hinausgerückt, dass unter demselben eine von Widerlager I bis zur Districtsstrasse am Widerlager II sich erstreck-ende Hilfsbahn Platz finden konnte, welche mittels zweier Drehscheiben mit den Lagerplatzgeleisen in Verbindung stand. Durch Anbringung einer weiteren Wand wurde ein Hilfsbahngerüste geschaffen, welches das unmittelbare Verbringen von Bruchsteinen aus dem Einschnitte zu den Pfeilern und zu dem Widerlager II in der Höhe der verschiedenen Stockwerke ermöglichte. Hierzu musste das Fahrgerüste längs der Widerlager durch interimistische Transport-gerüste verlängert werden, welche, sobald die Aufschüttung der Kegel weit genug gediehen war, theilweise wieder entfernt werden konnten. Die Kappen-hölzer und Säulen derselben, welche mit Winden aus der Auffüllung heraus-gezogen wurden, dienten in den höheren Stockwerken wieder zu gleichem Zwecke.
Nach Aufmauerung des Viaductes bis zur Höhe des III Stockwerkes mussten wegen Beginnes der Wölbung die Krahnenwägen in der Richtung der Bahnaxe laufen, In dieser Höhe ist es durch das Wegfallen der Pfeilervorköpfe und durch die Abnahme der Widerlagerstärke möglich geworden, den Krahnenwägen eine Spurweite von nur 11,38 m zu geben. Zu diesem Behufe wurde auf den Querschwellen des III. Stockwerkes zu beiden Seiten je eine weitere Wand aufgestellt, welche von unten durch Strebsäulen unterstützt wurde. Es blieb hierbei auf der rechten Seite der Brücke genügend Raum, um zwischen den Bögen und den inneren Säulen eine Hilfsbahn durchzulegen, von welcher aus die Steine mittels des auf einem Krahnenwagen laufenden Hebekrahnes fast an jeder Stelle gefasst werden konnten, so dass ein Verrücken der belasteten Krahnenwägen nicht nöthig war. Die obere Langschwelle des V. Stockwerkes ist durch Büge gegen das Gewicht der belasteten Krahnenwägen verstärkt.
Die seitliche Verstrebung sämmtlicher Wände wurde durch Streben bewirkt, welche, die Säulen und Schwellen umfassend, mit denselben verbolzt waren und hierdurch unverschiebliche Dreiecksverbindungen bildeten. Die Quer-streben, welche die äusseren Säulen verbanden, waren so angebracht, dass unter denselben genügend freier Raum für die Transportgeleise verblieb.
Zur Verhütung einer Verschiebung des Gerüstes im wagrechten Sinne durch heftige Stürmwinde oder durch das Gewicht der belasteten Krahnenwägen wurden an die Unterfläche der Querschwellen des III. Stockwerkes wagrechte Diagonalen aus 26 zm starkem Halbrundholz mittels Bolzen befestiget. Die Höhe des III. Stockwerkes wurde zu dieser Verstrebung desshalb gewählt, weil der Angriff der einwirkenden Kräfte in der Höhe am stärksten, dieses aber das letzte zusammenhängende Stockwerk war.
Die isolirten Wände des IV. und V. Stockwerkes waren durch Zangen mehrfach verbunden. Solche gingen doppelt durch die Rundöffnungen oberhalb der Pfeiler hindurch und umfassten auf beiden Seiten Querschwellen, welche auf die Langschwellen des V. Stockwerkes aufgekämmt waren. Zunächst den Widerlagern wurden die inneren Säulen durch SchIaudern verankert wurden. Endlich waren die obersten Querschwellen an den Enden des Gerüstes durch doppelte, ausserdem durch symmetrisch vertheilte einfache Zangen verbunden. Die Langschwellen des Standgerüstes wurden gegen die Pfeiler und Halbpfeiler durch eichene Keile verspannt, die in die Widerlager treffenden Querschwellen ausgeschnitten und durch starke Schlaudern verankert.
Das Lehrgerüste beginnt in einer Höhe von 2,42 m über dem Kämpfer, da die tieferen ohne Wölbschichten ohne feststehende Chablonen versetzt werden konnten. Es bestand aus je 5 Wänden, welche in der Mitte sämmtlich direct unterstützt waren, während an den Pfeilern die Last der 2. und 4. Wand durch ein Sprengwerk auf die Säulen des Standgerüstes übergetragen wurde. Es waren diese Wände 1,9 m von einander entfernt und trugen über sich und je zwischen einander mittels starker Querhölzer die Lehrbögen welche somit eine Entfernung von O,95 m hatten. Diese bestanden aus einer dreifachen Lage 6 zm starker Dielen. Abgesehen von der Stabilität erlaubte der gesetzte Vollendungstermin nicht, die Bögen nach einander einzuwölben, wesshaIb für sämmtliche 5 Bögen die Lehrgerüste beschafft werden mussten. Dieselben ruhen auf doppelten eichenen Keilen.
Wegen der bedeutenden Höhe des Preises der Bauhölzer im oberen Sinngrunde musste bei deren Construction des Arbeitsgerüstes mit grösster Sparsamkeit vorgegangen werden; es wurde daher kantig geschlagenes Holz nur da verwendet, wo dasselbe durchaus nöthig war, so für die Fahrschwellen, die Lehrgerüste u.s.w.. Zu den sämmtlichen Säulen und Schwellen wurde Rundholz von 23 bis 32 zm mittleren Durchmessers verwendet, welches an Tragfähigkeit das kantige verhältnissmässig übertrifft. Dasselbe wurde insoweit beschlagen, als die Verbindung der einzelnen Theile nothwendig erforderte. Die Zangen und Streben wurden aus Halbrundholz (in der Mitte entzwei-geschnittenem Rundholz) hergestellt. Die Schwellen wurden abwechselnd über den Säulen gestossen und durch eiserne Stossplatten verbunden.
Die Bolzen erhielten eine Stärke von 2,2 zm, Unterlegscheiben und doppelte Muttern.
Die Grundpfähle des Gerüstes wurden da, wo sie auf Fundamentvorsprünge trafen, auf diese mittels Schwellen aufgesetzt, die übrigen mit Zugrammen so weit eingerammt, bis sie die Felsunterlage erreichten. Bei einigen Pfählen war das Einrammen durch den eingebrachten Steinwurf verhindert und wurden diese auf grosse Quader fundirt, in welche eine eichene Schwelle halb einge-lassen war. Es gehörten diese Pfähle nur dem Fahrgerüste an und hatten dieselben daher eine grosse Last nicht zu tragen.
E. Hilfsvorrichtungen.
Zu diesen gehörten ausser dem vorbehandelten Arbeitsgerüste die Krahnen wägen, die Sandwäsche, die Bremsvorrichtung für die Hilfsbahnrampe und die Drehscheiben.
1) Die Krahnenwägen. (S. Blatt X, Fig. 1, 2 und 3.)
Dieselben mussten während der Fundatiensarbeiten 8,76, später 6,42 und zum Schlusse 11,38 m Spurweite erhalten. Mit Ausnahme der Räder und deren Lager wurden sie vollständig auf der Baustelle gefertigt. Dieselben bestanden aus je zwei doppeIten Balken, zwischen welche die Laufbahnträger gelegt und verbolzt wurden, so dass hierdurch Balken von wirksamer Höhe entstanden. Diese wurden durch ein doppeltes Häng- resp. Spannwerk aus 3 zm starkem Rundeisen armirt, welches an den Hängesäulen durch schmiede-eiserne Bügel an den Balken durch eine quer über den doppelten Balken gehende und in diesen eingelassene Eisenplatte befestiget ward. Die Eisenplatte hatte ausserhalb des Balkens starke Oehren, durch welche die Rundeisen gingen und mittels doppelter Schraubenmuttern mit starkem Gewinde gehalten wurden. Bei'm Aufstellen wurden die Balken durch starkes Anziehen der Schrauben etwas überhöht.
2) Die Sandwäsche (S. BIatt X, Fig. 4: bis 7.)
Zum Zwecke der Reinigung des aus dem Baugrubenaushub gewonnen Mauersandes wurde die Sinn durch ein Wehr – aus eingeschlagenen Pfählen mit Bohlenverkleidung bestehend – aufgestaut und hierdurch gezwungen, über einen geneigten Kasten abzufliessen. Der zu reinigende Sand ward mit Wippkarren beigefahren, auf den oberen Theil des Kastens abgeschüttet und von theils durch den Wasserstrom hinabgeschwemmt, theils mit dem Mörtelkasten unter Aufrühren hinabgezogen, so dass er, am Ende des Kastens angekommen, seinen Lehmgehalt vollständig verloren hatte. Der unten angesammelte Sand wurde mit der Schaufel auf das daneben befindliche Podium geworfen und von das hinweggeführt. Zum Regeln des Wasserzu-flusses waren im Wehre Schützen angebracht. Die Kosten für das Waschen eines Kubikmeters Sand stellten sich im Accord einschliesslich des Hin- und Zurückbringens auf 60 bis 90 m Entfernung auf 38 ½ kr. bis 42 kr., wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Arbeit in den kalten Herbsttagen vorgenommen werden musste.
3) Die Bremsvorrichtung (S. Blatt X, Fig. 8 und 9.)
Dieselbe wurde möglichst einfach auf dem Bauplatze hergestellt. Sein besteht aus einem starken Bockgerüste, auf welchem eine 0,58 m im Durchmesser haltende, mit Bremsscheibe versehene Seiltrommel umläuft. Gebremst wurde die Scheibe durch einen Bremsschuh, welcher durch das an einem langen Hebel wirkende Gewicht zweier Menschen angedrückt wurde. Wirksamer würde wohl ein Bremsring mit Hebel gewesen sein, allein der Versuch, einen solchen anzubringen, scheiterte an der Unvollkommenheit der Trommellager, welche zu Zuckungen Veranlassung gaben. Es konnten mit dieser Vorrichtung 3 mit je 1 ½ kbm Steinen beladene Transportwägen auf der 18 procentigen Rampe im Laufe beliebig gemässiget und zum Stillstehen gebracht werden. Die zum Bremsen verwendeten 2 Arbeiter waren ausserdem noch mit dem Rangiren und dem Aushängen der Züge beschäftigt. Die Trommel musste eine solche Länge erhalten, dass ein Seil von der Länge der Rampe darauf einfach aufgewickelt werden konnte.
4) Die Drehscheiben. (S. Blatt X, Fig. 10 und 11.)
Dieselben bestanden aus 2 gekreuzten schmiedeeisernen Axen mit guss-eisernen Laufrädern, welche sich auf einem gussseisernen Laufkranz bewegten. Die Schienenträger und der Umfassungskranz wurden aus Eichen-holz hergestellt.
F. Baubetrieb.
Mit Ausnahme der Beilieferung der weissen Findlingssteine, dann der Herstellung des Arbeitsgerüstes (jedoch ohne dessen Fundirung), welche an Unternehmer vergeben waren, wurden sämmtliche Arbeiten ebenso wie die Ausführung des angrenzenden VI. Looses auf Regiekosten im Arbeiteraccorde mit 14-tägigem Abschlusse ausgeführt. Hierzu gehörte auch die Herstellung eines grossen Theiles des Werkzeuges, wie der Rollwägen, Steintransport-wägen, Radbarren, Mörtelpfannen, Mörteltragen, der Krahnenwägen, Stein-tragen, Steinkarren, Steinschalen u.s.w..
Der Baubetrieb lässt drei Perioden unterscheiden: die der Fundation (Herbst 1869 und Frühjahr 1870), des Aufbaues bis zur Kämpferhöhe (Sommer 1870), und des Aufbaues von der Kämpferhöhe bis zum Planum (Baujahr 1871).
I. Fundation.
Dieselbe bot keine Schwierigkeiten. In einer durchschnittlichen Tiefe von 3,5 m unter der Thalsoble, bei dem in den Berghang treffenden Widerlager I schon früher, traten überall wagrecht gelagerte Schichten von Bundsandstein auf. Eine künstliche Fundation war daher unnöthig.
Die massigen Widerlager wurden auf die abgeglichene Oberfläche der aus dünnen, 23 zm starken Platten bestehenden Felsschichten aufgesetzt und mit grossen lagerhaften Bruchsteinen herausgemauert; die Fundamente der stärker belasteten Pfeiler dagegen ca. 1 m unter die Felsenoberfläche bis auf die gesunderen Schichten eingelassen und aus Quadern hergestellt. Durch Probelöcher und bis auf 4,5 m unter die Fundamentsohle abgeteufte Bohrlöcher überzeugte man sich von der hinreichenden Mächtigkeit der Felslagen.
Der erste Spatenstich geschah am 17. Juli 1869. Die Baugruben der beiden Widerlager dann der Pfeiler I, III und IV wurden mit Wänden von ¾-maliger Böschung ausgehoben. Das Aushubmaterial bestand bis zu 1,5 m Tiefe aus feinem lettigem Sande, welchem dann ein grobes, sehr fest gelagertes Gerölle aus Sandstein und Basalt, untermischt mit körnigem Sande, und dann der gewachsene Felsen folgte.
Der Sandstein- und Basaltkies wurden zur Beschotterung der im VI. und Vll. Lose herzustellenden Strassen, der körnige Sand gewaschen zum Mauern verwendet. Der Wasserzudrang war in allen Gruben ein sehr mässiger und reichte zu dessen Bewältigung auch bei den ausgedehnten Baugruben der Widerlager eine durch eine Locomobile betriebene Centrifugalpumpe voll-kommen aus.
Grössere Störungen verursachte das zu wiederholten Malen in bedeutender Höhe und mit überraschender Schnelligkeit eingetretene Hochwasser, welches den Bauplatz 1,2 bis 1,6 m hoch überschwemmte und jedes Mal die Bergung der grossen Holzvorräthe, die Sicherung des Mauersandes , der Hilfsbahnstege u.s.w. nothwendig machte. Da zu fürchten war, dass in Folge der grossen Differenz des Wasserstandes in der Sinn und in den Baugruben der der Sinn zunächst gelegenen Pfeiler I und II die Wände derselben durch den hydro-statischen Druck und das unter diesem Drucke übersickernde Wasser, dann durch das überstürzende Hochwasser zum Einsturz gebracht werden würden, so mussten die Baugruben, welche durch das Sickerwasser nur langsam anliefen, bei eintretendem Hochwasser jedes Mal künstlich durch Rinnen gefüllt werden.
In den Wänden der Baugruben wurde der Sand aus dem Kiese durch das aussickernde Wasser nach und nach ausgewaschen, so dass letzterer seinen Zusammenhang mit der Zeit verlor. Um die Baugrubenwände gegen einen hierdurch verursachten Einsturz zu sichern, wurden an denselben die den Steinwurf bereit liegenden lagerhaften Bausteine sogleich als Trockenmauer-werk in einer Stärke von 1,2 bis 1,5 m angeschichtet.
Da die Wiesenwässerung nicht unterbrochen werden konnte, ohne dass bedeutende Schadensersatzansprüche erhoben worden wären, so musste der Wässergraben über die Baugrube des Pfeilers Nr. I in einem hölzernen Gerinne geführt werden.
Der in das alte Flussbett der Sinn treffende Pfeiler Nr. II konnte erst dann in Angriff genommen werden, als die Fundation der Pfeiler I und III beendet war und die Sinn gegen letzteren gedrängt werden konnte.
Die Umschliessung der Baugrube des Pfeilers II wurde auf der oberen und unteren Querseite in der Weise bewerkstelligt, das zwischen sorgfältig hergestelltem Steinwurf ein Lehmdamm von 1,5 m Stärke und 03 m Höhe über dem gewöhnlichen Hochwasserstande aufgeschüttet und festgestampft wurde. Derselbe schloss sich gegen Pfeiler Nr. I an das Terrain an. Der benöthigte Lehm wurde aus der Baugrube des Widerlagers I gewonnen.
Auf der Seite gegen die verlegte Sinn konnte wegen des beschränkten Raumes die Dichtung nicht in dieser Weise hergestellt werden. Es wurden hier Leitpfähle bis auf die Felsunterlage eingeschlagen, an diese hart über dem Wasserspiegel, dann 1,5 m über demselben, doppelte Zangen befestiget und zwischen diesen 8·zm starke Bohlen bis zu 0,6 m Tiefe unter der Flussohle eingetrieben. Die so hergestellte Wand griff mit kurzen Ansätzen in den Lehm-damm ein. Innerhalb der Wand wurde gleichfalls ein Lehmdamm von 0,9 m Stärke angeschüttet und festgestampft.
Geschützt durch diese Umschliessung wurde die Baugrube bis auf den gesunden Felsen mit geringer Böschung der Wände ausgehoben, diese, wie vorbemerkt, durch angeschlichtetes Trockenmauerwerk geschützt und die Aufmauerung der 5 Fundamentschichten trotz vielfacher Unterbrechung der Arbeit durch heftiges Regenwetter binnen 6 Tagen beendet. Ungeachtet eines eingetretenen Hochwassers war diese Umschliessung so dicht, das sich der Wasserzudrang einzig auf das zwischen Kies und Felslage zusickernde Grundwasser beschränkte. Nur einmal wurde eine Stelle, wahrscheinlich in Folge der Verwendung starksandigen Lehmes, undicht, konnte jedoch sofort aufgefunden und ausgebessert werden.
Mit Ausnahme der Leitpfähle wurden sämmtliche Zangen und Dielen wieder herausgezogen und anderweitig verwendet.
Die zur Aufmauerung der Widerlagerfundamente, dann zu den Steinwürfen benöthigten Bruchsteine wurden im Hohenleitener Einschnitte gebrochen und über die Hilfsbahnrampe zur Verwendungsstelle verbracht, die für die Pfeiler-fundamente bestimmten rauhen Quader mittels des Abladegerüstes auf den Lagerplatz herabgelassen, daseIbst deponirt und im Bedarfsfalle auf den Hilfsbahnen unter die provisorischen Versetzgerüste verbracht.
II. Periode des Baubetriebes.
Dieselbe umfasste die Aufmauerung der Brücke von den Fundamenten bis zum Kämpfer.
Schon während der Fundationsarbeiten waren die Zufuhrwege zu den verschiedenen Steinbrüchen hergestellt, diese selbst in Betrieb gesetzt und mit der Beifuhr der Hausteine begonnen worden.
Die Herstellung des Hauptgerüstes war an Zimmermeister Eckert in Würzburg veraccordirt und bis zum Schlusse des Monats Mai das erste und zweite Stockwerk aufgestellt worden. Im Laufe des Sommers wurde dann noch das III. Stockwerk mit drei Abtheilungen in der Weise hergestellt, dass auf die fertigen Abtheilungen die Krahnenwägen sofort wieder aufgebracht wurden und die Aufmauerung der Pfeiler und Widerlager immer nur theilweise unterbrochen werden musste. Das Abbinden des Gerüstes wurde von dem Unternehmer in Würzburg vorgenommen.
Die Findlingssteine wurden in diesem Baujahre mittels des bereits erwähnten Abladegerüstes auf dem Lagerplatz im Thalgründe verbracht, hier rein gearbeitet und im Bedarfsfalle auf den Transportgeleisen unter die über den 4 Pfeilern und beiden Widerlagern senkrecht zur Brückenaxe laufenden Krahnenwägen zum Aufziehen verbracht. Um die Steine über die Districtsstrasse zum Widerlager Nr. II bringen zu können, wurden diesselben, wie früher bemerkt, mittels des Abladegerüstes für die rauhen Quader auf die Höhe des über die Districtsstrasse führenden Transportgeleises und von da mittels einer Drehscheibe unter das Gerüste verbracht.
Die für die Ausmauerung der Pfeiler bestimmten rauhen Quader wurden in diesem Baujahre sämmtlich im Einschnitte gebrochen, auf der Hilfsbahnrampe hinabgelassen, mittels das Abladegerüstes auf den Lagerplatz verbracht und von da zur Bedarfszeit auf den Transportgeleisen unter das Gerüste gefahren.
Die für Widerlager I bestimmten Bausteine wurden theils unmittelbar von dem anschliessenden Bahndamme hinabgestürzt und unten entweder mit Steinkarren und Steintragen, oder mit einer fortschreitend immer höher gelegten Hilfsbahn auf das Mauerwerk verbracht, theils auch wurden sie auf der Hilfsbahnrampe hinabgelassen. Die für Widerlager II bestimmten Mauer-steine wurden auf dem Hilfsbahnstege dahin verbracht, bis das Mauerwerk eine Höhe von 1,5 m über demselben erreicht hatte . Es wurde sodann der Transport der Bruchsteine von dem der rauhen Quader getrennt und hiefür ein besonderes Geleise durch das II. und später durch das III. Stockwerk des Arbeitsgerüstes geführt.
Die Mörtelbereitung wurde auf dem hiefür bezeichneten Platze vorge-nommen, der fertige Mörtel Anfangs auf das Mauerwerk hinaufgetragen, später, bei grösserer Höhe, gleichfalls auf der Hilfsbahn zur Verwendungsstelle gefahren und mit den Krahnen aufgezogen.
Da in dem tieferen Theile de Hohenleitener Einschnittes, welcher für die Brücke als Steinbruch betrieben wurde, vorherrschend Felsschichten von grösserem Thongehalte und daher geringerer Güte und Frostbeständigkeit auftraten, so würde nach vollständigem Ausbrechen der höheren Lagen nur mehr Material von zweifelhafter Beschaffenheit zu Gebote gestanden sein; aus diesem Grunde sah man sich veranlasst, den grösseren Theil des Bedarfes an Bruchsteinen für das Baujahr 1871 abzulagern; ebenso wurden die keilförmigen Bruchsteine fast sämmtlich bereits im Jahre 1870 gebrochen, rein gearbeitet und deponirt. Es hatte Diess den weiteren Vortheil, dass die Steine bis zum Bedarfe vollständig austrockneten und dass die Felsensprengungs-arbeiten im Einschnitte vom Herbste 1870 an unbeirrt von den Steinbruchs-Arbeiten ihrer Vollendung im Frühjahre 1871 entgegengeführt werden konnten, während diese ausserdem bis zum Herbste dieses Jahres verzögert worden wären. Zu dem Zwecke wurde in der Höbe von 7,3 m über der Einschnittssohle eine Hilfsbahn mit geringem Gefälle aus dem Einschnitte heraus und an dem rechtseitigen Hange hingeführt und von diesem bis zum Bahndamme eine am Schlusse 8,8 m hohe Aufschüttung von Mauersteinen im Betrage von 4475 kbm hergestellt. Da dieser Lagerplatz, 1,5 m unter Planiehöhe beginnend, allmählig höher ansteigt, so konnten die abgelagerten Bruchsteine von ihm aus zu jeder Höhe der Mauerwerks leicht und im Gefälle verbracht werden.
Der Ausbruch des deutsch-französischen Krieges verzögerte den Baufort-schritt im hohen Maasse. Wegen der Unterbrechung der Kalkbeifuhr in Folge der Einstellung des Gütertransportes auf Bahnen mussten die Arbeiten auf die Dauer des Monates August fast gänzlich eingestellt werden. Bis die nöthige Zahl von Arbeitskräften einigermaassen wieder angesammelt werden konnte, war der Spätherbst herangekommen. Die Nähe mehrerer grösserer Bauten auf dem benachbarten preussischen Gebiete und die misslichen Wohnungsver-hältnisse in der Nähe der Sinnbrücke hatten einen nur unzureichenden Arbeiterzugang zu Folge.
Trotzdem gelang es, bis zum Schlusse des Baujahres 1870 im ganzen das immerhin beträchtliche Quantum von rund 17900 kbm Mauerwerk herzustellen.
III. Periode des Baubetriebes.
(Baujahr 1871)
Da sämtliche rauhen Quader gebrochen und auf die Lagerplätze verbracht worden waren, so konnten die Hilfsbahnrampe und das Gerüste mit der Abladevorrichtung, welche zu deren Transport gedient hatten, im Herbste 1870 abgebrochen werden.
Den Winter 1870/1871 benützte man dazu, das gesamte Werkzeug einer Reparatur zu unterwerfen, dasselbe zu ergänzen und wo nöthig zu vermehren.
Das IV. und V. Stockwerk des Arbeitsgerüstes und das Lehrgerüste wurden aufgestellt; die neuen Krahnenwägen, fünf an der Zahl, mit 11,38 m Spurweite, wurden angefertigt und auf das Gerüste verbracht. Das aus dem Einschnitte führende Transportgeleise wurde mit 5 % Gefälle bis zum Widerlager I und von da horizontal durch das Arbeitsgerüste bis zum Ende der Brücke (längs der Widerlager auf Interimsgerüsten) geführt. Es diente dieses Transportgeleise Anfangs für die Aufmauerung der ganzen Brücke, später aber fast ausschliess-lich für die Ausmauerung der Gewölbe und für die Ausmauerung der Gewölbezwickel, nachdem für die Aufmauerung der beiden Widerlager mit Beginn des Monats Juni ein Transportgeleise mit 1 % Gefälle vom Einschnitte herab und durch das V. Stockwerk des Arbeitsgerüstes gelegt worden war. Erst von da an konnte die Einwölbung der Brückenbögen mit der wünschens-werthen Beschleunigung betrieben werden, da das Beiführen und Aufziehen der Gewölbesteine vorher durch die dasselbe Geleise mit kurzen Zwischen-räumen benützenden, mit Bruchsteinen beladenen Wagenzüge jeden Augenblick gestört wurde.
Um leere und beladene Transportwägen auf dem Gerüste zurückstellen zu können, legte man in das Geleise im IV. Stockwerk drei Ausweichgeleise, welche sich im Raum zwischen den Säulen der rechtseitigen Wand erstreckten.
Die zur weiteren Aufmauerung der Brücke dienenden Findlingssteine wurden nunmehr auf einem Längswege zur Höhe des Bahndammes südlich vom Einschnitte verbracht, dort mittels eines Abladegerüstes von den Fuhrwerken abgeladen, längs eines von der Abladestelle durch den Einschnitt zur Brücke führenden Geleises deponirt und rein bearbeitet. Zur Verwendung wurden die Steine auf, zu je zweien von einem Pferde gezogenen, mit zusammen 3 bis 4 kbm beladenen Transportwägen bis zu Ende des Einschnittes verbracht und von da einzeln in das Gerüste auf der geneigten Bahn hinein-gefahren. Es ist hierdurch das Aufziehen der Steine erspart und eine wesent-liche Beschleunigung und Vereinfachung des Betriebes erzielt worden.
Die Bruchsteine wurden Anfang im Einschnitte gebrochen, später nach dessen Vollendung der früher erwähnten Ablagerung entnommen.
Sand und Kalk kamen unmittelbar auf den Fuhrwerken auf die Höhe des Bahndammes zunächst des Widerlagers Nr. I wo auch die Mörtelaufbereitung vorgenommen wurde. Der fertigen Mörtel wurde zum Widerlager I unmittel-bar getragen, zum Widerlager II und zu den Gewölben mittels Transportwägen auf den für den Steintransport dienenden Hilfsbahngeleisen, von welchen sich ein Seitengeleise zu diesem Mörtelplatze erstreckte, gefahren. Hierfür dienten achteckige Mörtelkästen von 1,17 m Weite und 0,73 m Höhe, welche mit Haken und Kette zum Aufziehen, beziehungsweise Ablasse, versehen waren.
Durch das Zurückbleiben des Mauerwerkes hinter der beabsichtigten Leistung in der Folge Kriegsausbruches befand sich eine grössere Quantität Hausteine und Mauersand auf den unteren Lagerplätzen. Für diese wurden 4 Aufzugsgerüste dem Hauptgerüste eingefügt. Dieselben ermöglichten, die Steine und den Mörtel von der zur rechten Seite der Pfeilerköpfe sich erstre-ckenden Längsbahn aufzuziehen und auf das im IV. Stockwerk angelegte Transportgeleise abzulassen, von wo aus diesselben gleichfalls mit den Krahnenwägen gefasst werden konnten. In der Absicht, eine Beschädigung der Pfeilerköpfe durch während des Aufziehens etwa herabfallende Steine zu ver-meiden, sind diese Aufzüge immer zwischen den Pfeilern angebracht worden.
Die Kosten des Interimsgerüstes, welches zur Führung eines Transport-geleises durch das IV. Stockwerk diente, konnte dadurch erheblich verringert werden, dass dasselbe mittels auf hohen Quadern aufruhenden Querschwellen in die oberen hohlen Räume, welche in den Widerlagern ausgespart sind, hineingestellt wurde, wodurch es eine ganz geringe Höhe erhielt. Zwei S-Curven von 8,76 m Halbmesser vermittelten den Uebergang des Geleises von dem Interimsgerüste in die linkseitige Wand des Hauptgerüstes.
Um die Bruch und Hausteine auf die Höhe des Mauerwerkes herablassen zu können, wurde dieses Transportgeleise auf den Widerlagern mit einem Gerüsten überbaut, auf welchem je einer der früher für die Pfeilerauf-mauerung benützten Krahnenwägen von 6,42 m Spurweite lief. Sobald das Mauerwerk auf etwa 1,5 m Höhe unter Hilfsbahn emporgewachsen war, konnten die Steine auf schräg gelegten Balken hinabgerutscht und das Abladegerüst entfernt werden.
Es ermöglichte diese Anlage, die für die Widerlager bestimmten Steine und Mörtel fast unmittelbar an die Verwendungsstelle zu bringen und förderte hierdurch den Baufortschritt in nicht geringem Maasse.
Nach Aufmauerung der Widerlager bis zur Höhe des Transportgeleises wurde dieses auf das linkseitige Mauerwerk der Widerlager gelegt, das Transportgerüste herausgenommen, die hohlen Räume überwölbt und auf der rechten Seite ein Geleise über die inzwischen geschlossenen Brückengewölbe hinweggeführt; später wurde diesem Geleise ein zweites beigefügt, welche dann den Transport der Steine und des Mörtels bis zur gänzlichen Vollendung der Brücke vermittelten.
Das durch das IV. Stockwerk des Gerüstes führende Transportgeleise konnte nach erfolgtem Schlusse der Bögen abgebrochen werden.
Es sei hier noch bemerkt, dass bei der Herstellung der Brückengewölbe eine ganz besondere Aufmerksamkeit auf das richtige Einschlagen der Glocken-löcher verwendet wurde. Ort und Richtung derselben wurden rechnerisch so bestimmt und auf Chablonen dargestellt, dass jeder Stein freihängend genau die Lage annahm, in welcher er im Bogen wirklich zu sitzen kam. Es ist Diess für eine sorgfältige Arbeit von nicht geringer Bedeutung und erleichtert das Versetzen ungemein.
Um die Lehrgerüste schon im Voraus soviel wie möglich zu belasten und später das Ineinanderpressen des Lang- und Hirnholzes unvermeidlich hervor-gehende missliche Senkungen nach Kräften zu vermeiden, wurden auf die Scheitel der Lehrbögen schon bei Beginn des Wölbens je 50m Steine der obersten Schichten mit durchschnittlich 1000 k Gewicht gesetzt, somit bereits im Anfange der Wölbung der Scheitel mit 50000 k belastet. In Folge dieser angewendeten Vorsichtsmaassregel war das nachträgliche Niedergehen der Lehrbögen durch die enorme Belastung so gering, dass dasselbe nur an wenigen Stellen auf der Rückseite des Gewölbes an dem Entstehen feiner Haarrisse in den Lagerfugen erkannt werden konnte.
G. Massenverhältnisse.
Der Gesamt-Mauerwerks-Kubus der Brücke beträgt 30650 kbm und zwar:
23.277 kbm gewöhnliches Bruchsteinmauerwerk;
1.948 kbm rauhes Quadermauerwerk;
569 kbm keilförmiges Bruchsteinmauerwerk;
979 kbm Vorsetzmauerwerk;
3.877 kbm Hausteinmauerwerk.
H. Baukosten.
Schliesslich soll hier noch in Kürze eine Übersicht über die Kosten des Viaductes und die hauptsächlichen Arbeitspreise gegeben werden.
Die Gesamtbaukosten des Viaductes beliefen sich auf
375000 fl.
Hiervon beanspruchte die Erbauung einer Bauhütte mit Magazin, einer Schmiede, Wagnerei mit Wächterwohnung und einem Kalkschuppen u.s.w. 2100 fl., der Transport der Werkzeuge und der übrigen Baurequisiten zur Baustelle 1600 fl., die Fundation 56700 fl. Die Kosten für Herstellung des Hauptarbeitsgerüstes betrugen 45800 fl., die der Zwischen-, Transport- und Abladegerüste 3300 fl.
Die Herstellung der Zufuhrwege aus den Steinbrüchen verursachte einen Kostenaufwand von 3500 fl. Die Anlagekosten der Transportgeleise auf den verschiedenen Lagerplätzen und auf dem Hauptgerüste mit einer Gesamtlänge von 4580 m stellten sich auf 1280 fl. Die Bremsvorrichtung kostete 60 fl., die 5 Krahnenwägen von 11,38 m Spurweite kamen auf je 355 fl. zu stehen.
Das Brechen und Beifahren der lagerhaften, regelmässigen Bruchsteine von 0,12 bis 0,20 kbm Grösse aus dem Hohenleiter Einschnitte zur Verwendungs-stelle wurde während des Seilbetriebes mit 36 kr., später, als dieser unnöthig wurde, mit 24 kr. pro kbm (in der Mauer gemessen) bezahlt, deren Quantum aber bei der Berechnung der Erdarbeiten aber nicht in Abzug gebracht.
Das Brechen und Bossiren der vollkommen kubischen, sauber gespitzten rauhen Quader (einschliesslich des Einschlagens eines Glockenloches) kostete 9 kr., das Beiführen derselben über die Hilfsbahnrampe zum Lagerplatze 1 ½ kr.
Das Brechen und Bossiren der weissen Verkleidungssteine, dann die Beifuhr derselben auf 16,7 km Entfernung war um den Preis von 13 ¼ kr. pro kbm veraccordirt worden; die rothen Versetzsteine wurden im Arbeiteraccorde um 10 kr. Gebrochen, bossiert und aufgeladen, um 8 kr. auf eine durchschnittliche Entfernung von 7,5 km beigefahren.
Das Reinarbeiten der sauber zu stockenden Steine wurde für die gewöhn-lichen Steine mit 4 fl. 40 kr., für Eckstücke mit 5 fl. 20 kr., für Gesimsstücke mit 10 fl. bis 12 fl. 40 kr. pro kbm bezahlt.
Die Herstellung eines Kubikmeters lagerhaften, an den Aussenflächen eben gerichteten Bruchsteinmauerwerks einschliesslich der Mörtelbereitung wurde je nach der Höhe und Entfernung, auf welche Steinen und Mörtel zu bringen waren, mit 1 fl. 30 kr. bis 12 fl. 8 kr. vergütet.
Das Versetzen eines Kubikmeters rauher Quader kostete 2 fl. 40 kr. bis 3 fl. 20 kr., das der Verkleidungssteine 3 bis 4 fl., einschliesslich des Aufladens, Beifahrens und Aufziehens bis zu 30 m Höhe.
Die Kosten für die Gewinnung und Beifuhr eines Kubikmeters Mauersand beliefen sich für den aus der Sinn geschöpften, wie für den aus dem Kiese der Baugruben durchgeworfenen nahezu gleichmässig auf 1 fl. 36 kr., und als derselbe später auf Planumshöhe verbracht wurde, auf 1 fl. 48 kr.
Die Lieferung des Cementes war um 54 kr., die des schwarzen Kalkes um 52 kr. pro Zoll-Centner veraccordiert worden.
Im Ganzen stellten sich die Kosten für:
1 kbm gewöhnl. Bruchsteinmauerwerk zu 3 fl. 24 kr. bis 4 fl. - kr.
1 kbm keilförmiges Vorsetzmauerwerkes
aus Einschnitten zu 10 fl.
1 kbm rauhen Quadermauerwerkes zu 11 fl. 18 kr.
1 kbm gewöhnlichen weissen Haustein-
mauerwerkes zu 32 fl. 40 kr. bis 34 fl. 40 kr.
1 kbm gewöhnlichen weissen Gesims-
mauerwerkes zu 42 fl. - kr. bis 43 fl. 18 kr.
1 kbm rothen Vorsetzmauerwerkes zu 22 fl. - kr. bis 23 fl. 20 kr.
1 kbm rothen Eckverkleidungsmauerwerkes zu 27 fl. 20 kr. bis 30 fl. - kr.
In diesen Preisen sind die vorgenannten Anlagekosten für die Einrichtung des Bauplatzes, das Hauptgerüste, die Zwischengerüste u.s.w. nicht inbegriffen.
Am 13. August 1871 wurde der letzte Verschlusstein in die Gewölbe des Viaductes versetzt, dessen gänzliche Vollendung gegen Ende des September desselben Jahres erfolgte.
Das Project wurde von dem k. Abtheilungs- und Sections-Ingenieur,
Herrn Carl Hettig,
gefertigt, unter dessen Leitung dasselbe auch durch den Berichterstatter ausgeführt wurde.
Anmerkung:
Die Bahnlinie Gemünden-Elm wurde am
1. Mai 1872
eröffnet.
Bedeutung der Abkürzungen:
fl. Gulden
kr. Kreuzer
Kbm Kubikmeter
m Meter
k Kilo
zm Zentimeter
Auszug aus der Broschüre „Gemünden und die Eisenbahn“
des historischen Vereins Gemünden und Umgebung e.V.
zur Eisenbahnlinie Gemünden-Elm
Die Preußen kommen!
Im letzten deutsch-deutschen Krieg von 1866 stand Bayern ganz im Gegensatz zur Zeit Napoleons auf der falschen Seite, der Seite der Verlierer. Gemünden wurde von preußischen Truppen besetzt. Diese nutzten die Eisenbahn mit all ihren Einrichtungen und Mainschiffe sofort für den Weitertransport von Mannschaften und Kriegsgerät. Die preußische Militärführung hatte die Bedeutung der Eisenbahn für schnelle Truppenbewegungen bereits erkannt. Sachsen, das wegen alter Rechnungen fast schon traditionell auch wieder auf antipreußischer Seite stand und bereits genügend Erfahrungen mit preussischer Besatzung gesammelt hatte, verlegte deshalb bei Kriegsbeginn sofort alle seine Lokomotiven ins verbündete und damals unmittelbar benachbarte Österreich-Ungarn nach Budapest, um sie möglicher preußischer Nutzung zu entziehen. Die Abstellgleise des Budapester Bahnhofs waren damals für einige Wochen gewissermaßen eine sächsische Lokomotivausstellung.
In Bayern war man nicht so vorsichtig gewesen, und die Preußen wussten das zu schätzen. Sie sahen auch, wie günstig bei eventuellen künftigen Unbotmässigkeiten des größten süddeutschen Königreichs eine Bahnlinie wäre, auf der man Truppen schnell dorthin werfen könnte. Dabei kam ihnen entgegen, dass Bayern dafür praktisch schon unter Vertrag stand.
Dieser Vertrag war am 14. Dezember 1865 mit dem Nachbarstaat Kurhessen (Hessen- Kassel) abgeschlossen worden und am 20. März 1866 durch Austausch der ratifizierten Ausfertigungen in Kraft getreten. Er legte fest, dass Kurhessen seine geplante Bahn von Hanau nach Fulda im Kinzigtal zwischen Salmünster und Wächtersbach durch bayerisches Gebiet führen durfte und dass zwischen Elm bei Schlüchtern und Gemünden im Sinntal eine Verbindung dieser kurhessischen Bahnlinie mit der Ludwigs-Westbahn hergestellt werden sollte, und "Zwar binnen vier Jahren nach Vertragsratifikation. Die Strecke war zunächst eingleisig, aber mit Bahnkörper für zwei Gleise vorgesehen. Die Baukosten hatte jeder der bei den Staaten für den auf seinem Territorium liegenden Streckenabschnitt aufzubringen, Kurhessen sollte dann aber die ganze Strecke für zunächst zehn Jahre als Pachtbahn mit Benutzung des Gemündener Bahnhofs betreiben. Schließlich sah der Vertrag noch vor, dass in Gemeinschaft mit dem Großherzogtum Hessen (Hessen-Darmstadt) eine Verbindung zwischen bayerischer Westbahn. Kinzigtalbahn und Main-Weser-Bahn (Frankfurt am Main - Gießen - Marburg - Kassel- Karlshafen) von Gemünden oder Partenstein nach Gießen hergestellt werden sollte, wobei nähere Bestimmungen noch auszuhandeln waren. .... Zwischen dem Nordteil von Hessen-Darmstadt und Bayern lag das zu HessenKassel gehörige Kinzigtal. Kassel wollte nun dort zwischen Hanau und Fulda eine Strecke bauen, die den Weg zwischen Bebra und Frankfurt am Main gegenüber der bestehenden Verbindung über Kassel - Marburg - Gießen
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wesentlich abkürzen sollte. Dabei musste aber bei Bad Orb ein Zipfel bayerischen Gebietes durchquert werden. Bayern erklärte im März 1861 sein grundsätzliches Einverständnis. Von dieser Linie aus ergab sich auch die Möglichkeit, zwischen Schlüchtern und Gemünden durch das Sinntal eine günstige Verbindung zwischen Ludwigs- Westbahn und norddeutschen Bahnlinien herzustellen. Kassel rückte deshalb von Projekten einer Rhönbahn Fulda - Schweinfurt ab, die Bayern zur wirtschaftlichen Erschließung der Rhön lieber, aber wegen des Geländes auch viel teurer gewesen wäre. Die widersprüchlichen Interessen der Beteiligten hinderten eine schnelle Übereinkunft. Auch die unmittelbar betroffenen Gemeinden versuchten sich einzuschalten, die an der möglichen Rhöntrasse gelegenen natürlich gegen das Sinntalprojekt, Bad Orb und die Orte des Joss- und Sinngrundes dafür. Bad Orb drängte besonders auf die Verbindung nach Gießen. Die Regierung in München legte diesbezügliche Eingaben jedoch ad acta. Sie suchte vielmehr wie auch die andere Seite, den Verhandlungspartner in Zugzwang zu bringen, um die günstigsten Bedingungen herauszuholen. Als Kurhessen ab Dezember 1863 erneut verbindliche Absprachen anstrebte, verfügte Ludwig II. deshalb am 26. April 1864, die Zustimmung zur Kinzigtalbahn über bayerisches Gebiet von einer "direkten Schienenverbindung mit Gießen sowohl als mit Fulda abhängig zu machen". So kam dann der oben beschriebene Staatsvertrag vom Dezember 1865 zustande, nachdem auch bayerischerseits die notwendigen Projektierungsarbeiten abgeschlossen waren. Hessen-Darmstadt bekundete in Ergänzung dazu am 24. April 1866 sein unvermindertes Interesse an der Bahnlinie
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Gemünden - Gießen. Doch es kam anders. Am 10. Juni 1866 leitete Preußen nach längeren diplomatischen Vorbereitungen eine politische Offensive für den Ausschluss Österreichs aus einem künftigen deutschen Bundesstaat ein. Am 16. Juni marschierte es in Sachsen, Hannover und Kurhessen ein, die seinen Forderungen nicht folgten. Am 21. Juni erklärte es Österreich den Krieg, am 3. Juli siegte es in der Schlacht bei Königsgrätz, am 26. Juli wurde der Präliminarfrieden von Nikolsburg geschlossen. Bayern hatte zwar, als sich der Konflikt anbahnte, schon am 10. Mai mit der Mobilmachung begonnen, war bei Kriegsausbruch aber dennoch ungenügend vorbereitet. So unterlagen seine Truppen am 10. Juli bei Bad Kissingen und konnten dann nur noch Rückzugsgefechte führen. Würzburg und Nürnberg wurden besetzt, bis dann am 2. August ein Waffenstillstand unterzeichnet wurde. Am 22. August kam es schließlich unter entsprechendem Druck Otto von Bismarcks zu einem Bündnis zwischen Bayern und Preußen. Am 20. September annektierte Preußen das Königreich Hannover, das Kurfürstentum HessenKassel, das Herzogtum Nassau und die Reichsstadt Frankfurt und schuf sich damit endlich ein durchgehendes Territorium von Ostpreußen bis zur Rheinprovinz. Zwischen Rhön und dem Main bei Kahl waren Bayern und Preußen damit unmittelbare Nachbarn. Bayern musste dabei aber noch den Landgerichtsbezirk Bad Orb und in der Rhön das Gebiet um Gersfeld und Tann abtreten. Durch diese territorialen Veränderungen bekam nun der hessisch-bayerische Eisenbahnvertrag, in den Preußen als Rechtsnachfolger Hessen-Kassels eintrat, ein ganz anderes Gesicht. Die Kinzigtalbahn war rein preußisch geworden. An
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einer Bahn Gemünden - Gießen, deretwegen Hessen-Darmstadt schon im Oktober 1866 Preußen und Bayern zu neuen Gesprächen aufgefordert hatte, war man in Berlin nicht interessiert. Desto mehr aber an dem noch verbleibenden dritten Vertragsgegenstand, der Sinntalbahn. Diese war nicht nur für einen schnellen, unmittelbaren Zugang nach Bayern, sondern auch für eine Truppenverlegung an die Rheingrenze zwischen Baden und Frankreich über Würzburg - Lauda bei zu erwartenden Auseinandersetzungen mit dem großen Nachbarn von strategischer Bedeutung. Die bayerische Regierung verständigte sich allerdings darauf, alles weitere erst ein- mal der anderen Seite zu überlassen. Die Kosten des Krieges und seiner Folgen sowie die preußischen Entschädigungsforderungen ließen ohnehin kein Geld für solche Projekte in der Staatskasse. Die immer noch gehegten Hoffnungen auf eine Rhönbahn hatten sich durch die Gebietsabtrennungen und Geldmangel endgültig zerschlagen. Am 2. März 1867 wurde dann der preußische Gesandte in München wegen der Sinntalbahn vorstellig, und nach Abwägen der entstandenen Situation und der verbliebenen Möglichkeiten seitens der Regierung stimmte Ludwig II. vier Wochen später Verhandlungen mit Preußen über die Vertragserfüllung zu. Im Laufe des Sommers 1867 steckte eine gemeinsame Kommission den Trassenverlauf im Grenzgebiet zwischen Jossa und Obersinn ab, im September desselben Jahres war der preußische Projektierungsentwurf fertig. Bayern ließ sich Zeit und schloss die Projektierung erst im Frühjahr ab. Ein Gesetz über den Bau der Bahnlinie, dessen Entwurf die Regierung im Januar 1868 vorgelegt hatte, wurde von der Abgeordnetenkammer endlich am 6. März 1869
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verabschiedet, und am 29. April 1869 trat es in Kraft. Der 21,9 km lange bayerische Streckenabschnitt sollte danach 3 422 000 Gulden kosten. Im Mai 1869 begannen die Arbeiten am Bau, wobei Preußen ständig auf schnellen Fortschritt drängte. Im Verhältnis der deutschen Staaten mit Preußen an der Spitze zu Frankreich lief ja alles auf eine kriegerische Auseinandersetzung hinaus, die dann im Juli 1870 auch begann, wobei sich die süddeutschen Staaten an die Seite Preußens stellten. Das hatte eine Unterbrechung des Bahnbaus zur Folge, sie dauerte wegen der schnellen Niederlage Frankreichs am 2. September 1870 bei Sedan jedoch nicht allzu lange. dass am 18. Januar 1871 in Versailles das deutsche Kaiserreich proklamiert wurde, hatte auf die Eisenbahnen keinen Einfluss. Sie blieben in der Regie der einzelnen Länder, und so änderte sich beim Bau der Sinntalbahn auch nichts im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern Preußen und Bayern. Reichskanzler Otto von Bismarck wollte zwar die Eisenbahnen schon damals einheitlich in Reichsbesitz zusammenführen, doch die Länder widersetzten sich, trieben dabei aber ihrerseits die Verstaatlichung voran. So entstanden die "Staatseisenbahnen des Deutschen Reiches" mit einer Generalsaldierungsstelle in Berlin für die wechselseitigen Verrechnungen, und 1873 wurde auch ein Reichseisenbahnamt als oberste Aufsichtsbehörde gegründet. Der Streckenbau im Sinntal brachte allerhand Probleme mit sich, technische wie menschliche. Es waren wieder wie schon im Spessart aufwendige Erdarbeiten nötig, um eine gute Streckenführung zu erreichen, d.h. also gleichmäßige sanfte Steigung und wenig Kurven. Dazu musste bei Rieneck ein Tunnel durch den Berg getrieben
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werden, um nicht der dortigen großen Schleife der Sinn folgen zu müssen. Für diese Arbeiten wurden tausende Arbeiter aus anderen Ländern, vor allem aus der Alpenregion eingestellt. Sie mussten zwar alle ein Leumundszeugnis mitbringen und für Nichtbayern wurden noch besondere Kontrollpapiere geschaffen, aber solche Baustellen sind eben gern ein Sammelpunkt abenteuerlustiger Gesellen, und das zeigt sich besonders in ihrer Freizeit. So kam es zu vielen Reibereien mit den Einheimischen, obwohl der Schnapsausschank beschränkt, Tanzveranstaltungen verboten und andere Maßnahmen ergriffen wurden. Bei einem Vereinsball im Januar 1870 in Burgsinn gab es eine Schlägerei wie in einem Wildwest-Saloon mit Verletzten und völlig demolierter Wirtschaft. Solches passierte auch anderweitig, und auf freiem Feld hatte die Polizei gleichfalls gegen Zusammenrottungen und Zerstörungen einzuschreiten. In Mittelsinn gab es deshalb im Juni 1870 eine nächtliche Demonstration gegen die Bauarbeiter, wobei auch Schulkinder eine Gelegenheit sahen, sich einmal wie Erwachsene auszutoben. Als die Arbeiten während des Krieges ruhten, wurden beschäftigungslos zurückgebliebene Frauen und Kinder zum Problem. Verständlich waren allerdings mehrfache Empörungen unter den Arbeitern wegen schlechter Verpflegung. Die geforderte Eile beim Bau ging oft zu Lasten der Sicherheit. So kam es in dem regenreichen Winter 1869/70 mehrfach zu Erdrutschen, wobei zehn Arbeiter verunglückten. Kleinere Unfälle, die jedoch auch manches Opfer forderten, gab es zu Hauf. Das spektakulärste Unglück geschah in Gemünden, Hier musste für die Gleise der neuen Strecke die Eisenbahnbrücke über Mühlbach und Saale auf doppelte Breite erweitert werden. Der Einheitlichkeit halber und weil Stahl- und Betonbau noch keine vorteilhafte Alternative
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boten, wählte man wieder den altbewährten Bogenbau aus ortsüblichem Sandstein. Solch ein Bogengewölbe trägt sich aber erst selbst, wenn der Schlussstein gesetzt ist. Bis dahin muss ein Lehrgerüst aus Holz die Last des wachsenden Steinbogens aufnehmen und seine Form sichern. Am 5. Oktober 1871 gab am Bogen über die Saale dieses Gerüst plötzlich nach und stürzte mitsamt den Steinmassen des fast fertigen Bogens in die Saale. Die beiden auf dem Gerüst beschäftigten Arbeiter hatten das Knistern des brechenden Holzes rechtzeitig wahrgenommen und konnten sich in Sicherheit bringen. Die Saale war allerdings einige Zeit für Lastschiffe, die sie damals noch befuhren, und Fischerkähne versperrt. Am 1. Mai 1872, über ein halbes Jahr später als geplant, wurde die Strecke für preußischen Bahnbetrieb auf bayerischem Boden freigegeben, allerdings nur eingleisig (und zwar bis 1936!). Weitreichende Folgen hatte die Sinntalbahn für den Bahnhof Gemünden. Der mit Kurhessen abgeschlossene Vertrag sah ja seine Mitnutzung für den hessischen Pachtbetrieb auf der neuen Strecke vor. Nun aber, in den Verhandlungen mit dem neuen Partner Preußen, wurde seine Existenz grundsätzlich in Frage gestellt. Es gab Überlegungen, diese Linie, aus dem Sinntal kommend, nicht nach links in Richtung Gemünden, sondern nach rechts in Richtung Lohr abschwenken zu lassen und sie bei Langenprozelten an die Ludwigs- Westbahn anzubinden. Damit kam wieder der Standort Alter Schafshof für einen Knotenbahnhof in Betracht. Langenprozelten hatte noch keinen Bahnhof, bot in seiner Gemarkung aber hinreichenden Platz, auch für den Umschlag des Holzes aus den umliegenden Staatsforsten. Durch eine
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Weiterführung Lohr - Wertheim wäre damit auch eine direkte Verbindung nach Baden hergestellt worden. Diese entstand dann ein Jahrzehnt später wirklich, allerdings immer nur eingleisig. In Verbindung mit dem ab 1868 verlegten zweiten Gleis zwischen Gemünden und Würzburg erwies sich dann aber der Ausbau des vorhandenen Bahnhofs zum Knotenpunkt als kostengünstiger und hinsichtlich der in Würzburg vorhandenen und entstehenden Streckenanschlüsse als zweckmäßiger. Die vorhandenen Bahnhofsbauten reichten jedoch für den inzwischen gewachsenen und durch die neue Strecke noch zunehmenden Verkehr bei weitem nicht mehr aus. Nach zeitgenössischen Zeitungsberichten blieb der Service bei der Bahn ohnehin hinter den Erwartungen der Reisenden zurück. Das Gedränge an den aus Personalgründen erst kurz vor der Abfahrt eines Zuges geöffneten Fahrkartenschaltern soll oft fürchterlich gewesen sein. In den Zügen war man in einzelne, nur von außen zugängliche Abteile eingesperrt, ohne sich im Bedarfsfall beim Schaffner bemerkbar machen zu können. Toiletten wurden in deutschen Zügen erst ab 1895 eine "unabweisbare Forderung". In den USA, wo die Eisenbahn bei der Erschließung des Landes eine ganz andere Rolle spielte - die großen Bahnlinien entstanden vor dem Straßennetz -, waren Durchgangswagen mit Toilette schon seit den 40er Jahren die Regel. Am 16. Juni 1870 verfügte also das Königlich Bayerische Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten folgende Veränderungen des Bahnhofs Gemünden: Das alte Empfangsgebäude wird zum Kopfbahnhof der von Preußen
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betriebenen Sinntalbahn umgestaltet und erhält dazu einen preußischen Betriebsbahnhof mit dreigleisiger Lokomotivremise, Wasserhaus und Werkstätten. Die bauliche Grundsubstanz dieser Remise steht heute noch wie ein großer Anbau hinter dem Gebäude der Bahnpolizei. An dessen Stelle stand früher das Wasserhaus. Für die bayerische Bahn wurde weiter östlich ein größeres, schlichter gehaltenes Empfangsgebäude errichtet, das mit einigen Veränderungen, insbesondere nach den Kriegsschäden von 1945, noch heute seinen Dienst versieht. Bei seinem Bau mussten auch französische Kriegsgefangene helfen. Hinzu kamen die für den bayerischen Betriebsbahnhof notwendigen Bauten, so an der Mainseite des erweiterten Gleiskörpers eine der preußischen ähnliche Lokremise, die 1908 für das wachsende Verkehrsaufkommen durch eine neungleisige Lok-Rotunde ersetzt wurde. Weiterhin entstanden Wasserhaus, Kohleschuppen, Werkstätten, und so überrundete der Gemündener Bahnhof seine früher höherrangigen Nachbarn Karlstadt und Lohr und wurde ein wichtiger Eisenbahnknoten. Die Stadt sah in diesen Vorhaben einen Vorteil für sich und das hier ansässige Gewerbe. Sie half der Königlich Bayerischen Staatsbahn, das notwendige Gelände, hauptsächlich Obstbaumparzellen Gemündener Bürger, günstig zu erwerben. Nur in zwei Fällen musste ein Zwangsenteignungsverfahren eingeleitet werden. Die Stadt erhob aber auch Einsprüche gegen die Anlage der Abortgruben unmittelbar an der Straße. Sie liefen mehrfach über und behinderten damit auch den Zugang zum Bahnhof. Die bergseitigen Anwohner der Straße gegenüber dem jetzt preußischen Bahnhof,der Schiffer und Holzhändler Joseph Netschert, der Maurermeister Georg Hertel, der Weinwirt Philipp Kaiser und der Zimmermeister Joseph Müller erhoben ebenfalls Einspruch, vor allem wegen des Kohlenstaubs durch die neuen Anlagen, und verlangten deren Verlegung an die Mainseite der Gleisanlagen. Dass dieser Einspruch nicht anerkannt wurde, ist augenscheinlich. Die Entwässerungsleitungen. die von manchen Berggrundstücken zum Main führten, waren dann von seiten der Bahn verschiedentlich Anlass zu bürokratischem Kleinkrieg und Gebührenforderungen. Gemünden hatte nun
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also zwei Bahnhöfe: einen größeren bayerischen und einen kleineren preußischen. Die Entfernung zwischen bei den betrug etwa 300 m. Wer umsteigen wollte von der einen auf die andere Bahnlinie musste diese Strecke zu Fuß gehen - für das Gepäck gab es Träger - und neue Fahrkarten lösen. Solche Entfernungen kann man allerdings auf großen modernen Bahnhöfen ebenfalls zurücklegen. Zwischen Gleis 1 und Gleis 26 des Leipziger Hauptbahnhofes beispielsweise hat man auch etwa 300 m zu laufen. Der Aufstieg Gemündens zu einem wichtigen Bahnknotenpunkt war damit in Gang gekommen.
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Zeichnungen und Pläne für das Eisenbahnviadukt Obersinn
Wir haben versucht, die Kopien von halben Zeichnungsseiten zusammenzufügen, was aber nicht perfekt gelungen ist, wegen der unterschiedlichen Bildgröße der Scans.
Es ist erstaunlich, wie schnell, diese Strecke mit den damals zur
Verfügung stehenden Maschinen fertiggestellt wurde.
Wir möchten uns nochmal ganz herzlich bei Alfred Anders aus Obersinn bedanken, der uns einen großen Teil dieser Informationen, die er sich in verschiedenen bayerischen Archiven besorgen konnte, zur Veröffentlichung auf dieser Webseite zur Verfügung gestellt hat.
Vom Amt für Regionalgeschichte des Main-Kinzig-Kreises haben wir Hinweise auf Informationsquellen des Landes Hessen bekommen, die wir für einige Darstellungen genutzt haben.